Warum wollen so wenige Menschen in Deutschland gründen?
Gründer sein, etwas Eigenes aufgebaut zu haben. Sich Unternehmer nennen dürfen. Freiheiten haben, und dennoch mehr Geld als in den meisten Angestelltenverhältnissen verdienen. Das alles klingt verlockend, ist aber nicht immer die Realität.
Harte Arbeit, rund um die Uhr in Gedanken an das Unternehmen, sich mit potentiellen Kunden arrangieren müssen, finanzielle Durststrecken durchlaufen und nicht immer positives Feedback des eigenen Umfelds erhalten. Das scheint eher den Tatsachen zu entsprechen. Dann doch lieber einen sicheren Job wählen. Kein Risiko eingehen.
In Deutschland ist dieses Verlangen (nicht nur aktuell) leider sehr stark ausgeprägt. Bei der großen Sicherheit, die hier ein Angestelltenverhältnis mit sich bringt, ist das auch kein Wunder. Und dann die gute Konjunktur. Menschen, Gemeinschaften gewöhnen sich schnell an derlei Annehmlichkeiten. Ob das mittel-oder langfristig gut für eine Volkswirtschaft ist, das ist für den Einzelnen oft nicht relevant. In Deutschland jedenfalls nimmt die Bereitschaft zu Gründen in den letzten Jahren kontinuierlich und massiv ab (siehe DIHK, dihk-gruenderreport-2020-data.pdf).
Es sind also die Rahmenbedingungen, die Gründer und, das geht nach allem, was wir wissen, auch Innovationskraft hervorruft. Not macht erfinderisch. Wohlstand bequem. Aber es gibt da noch mindestens einen weiteren Faktor, die geringe gesellschaftliche Akzeptanz und Wertschätzung der Unternehmer, oder sagen wir lieber des Unternehmertums. Nicht erfolgreich zu sein ist ein Makel. Es immerhin versucht zu haben keine Auszeichnung. „Ich habe es doch gleich gewusst!“.
Ich habe in meinem Berufs- und Studentenleben viel Zeit im Ausland verbracht. Immer wieder war und bin ich noch begeistert von dem Elan, der Leichtigkeit, mit der andere Kulturen sich in das Abenteuer Leben und Unternehmertum stürzen. Wenn ich mit einer neuen Idee nach Hause kam, und das war und ist sehr häufig der Fall, dann höre ich zunächst „Hast Du Dir das gut überlegt?“ oder, im besten Fall, „Du musst es ja wissen!“
Mut machen, begeistern, bedingungslos unterstützen sieht anders aus. Wenn diese Haltung unser Klima bestimmt, dann wundert der Befund der IHK nicht. Eine große Rolle kommt da meines Erachtens nach den Schulen, aber auch den Elternhäusern zu. Unternehmertum lehren, Begeisterung wecken, Visionen unterstützen, Erfolge von Startups aufzeigen. Dazu bedarf es allerdings breiter ganz praktischer Unterstützung. Denn woher sollte das alles so plötzlich kommen?
Und der Staat, auch das zeigen die Studien, muss endlich die großen Hürden der Bürokratie abschaffen. Die Coronahilfen laufen hier, nebenbei bemerkt, ins Leere, vor allem, wenn es um die relevanten Innovationsbranchen geht.